Der Götakanal, von Ost nach West

Bei schönem Spätsommerwetter starten wir die Fahrt durch den Götakanal. Der Kanal wurde anfangs des 19. Jahrhunderts als schnelle Verbindung zwischen Ost und West von etwa 60’000 Männern während rund 2 Jahrzehnten gegraben, in den Fels gehauen und gebaut. Die zum Teil sehr engen Kanalabschnitte verbinden 5 Seen, die wir alle durchqueren. Die Schleusen sind max. 7.5 m breit, meist zwischen 2-4 Meter hoch, meist 30m lang und haben zwischen 1 und 7 Kammern.

Der Kanal schlängelt sich durch die Landschaft, führt durch weites Landwirtschaftsgebiet, aber auch sehr felsige Passagen und wird häufig von alten Eichenhainen gesäumt.

Spätestens jetzt wissen wir, was es bedeutet «durchgeschleust» zu werden. An einzelnen Tagen sind es bis 22 Schleusen, 61 Schleusen verteilt auf 5 Tage, ganz schön viel Arbeit um die insgesamt 91.8 Höhenmetern mit einer Gesamtlänge von 206sm (288km) zu überwinden.

Auf dem Vätternsee können wir wieder die Segel setzen und die Ruhe mit Wind und Wellen geniessen, welche Wohltat! Ein einheimischer Segler empfiehlt uns die Schären nördlich von Karlsborg zu besuchen und so verbringen wir zwei ruhige Nächte in einem Naturparadies. Das Wasser ist glasklar, die Inseln bestehen zum grössten Teil aus hohen, mit Föhren und Birken bewachsen Felsen. Wir kraxeln über die Inseln, es riecht gut nach Kiefernharz, der Wind raschelt in den Birkenblätter und das Laub der Heidenbeeren zeigt die erste Herbstfärbung.

Westlich des Vätternsees wird es flach mit viel Wald um die Seen. Entlang des Kanals sehen wir viel Landwirtschaft, abgeerntete Felder, die in Ockertönen leuchten. Grosse, abgelegene Bauernbetriebe mit ihren typisch dunkelroten Holzhäusern und den weissen Fensterrahmen.

Wir reisen in der Nachsaison und werden im Konvoi nach einem festen Fahrplan durchgeschleust, begleitet von bis zu 2 persönlichen Guides, die die Schleusen und ferngesteuert die Brücken bedienen. Über Video und AIS können sie unsere Ankunft verfolgen und so sind die Schleusen meist zur Einfahrt bereit, oder die Brücken öffnen sich wie von Geisterhand, wenn wir eintreffen. Zu Beginn sind wir bis 5 Boote, später noch 2 bis 3 Boote. Im Konvoi sind wir aufeinander angewiesen und kommen so rasch mit Schweden, Finnen, Deutsche, Dänen und Österreichern ins Gespräch. Als Schweizer Schiff sind wir beachtete Exoten. Ein Schwede bemerkte, erst wenn man mit dem Schiff den Götakanal durchquert hat, sei man ein echter Schwede – wir werden wohl demnächst die Schwedische Staatsbürgerschaft beantragen. Andere wiederum sprachen vom Götakanal als Scheidungskanal. Wir sind noch immer Schweizer und halten es bestens miteinander aus.

Die Etappen sind bis 7 Stunden lang, wegen Verzögerungen einmal 12 Stunden. So treffen wir erst beim Eindunkeln im Nachthafen ein. Diese liegen so, dass vorher noch einer der Seen – Roxen, Boren, Bottensjön, Viken oder Vätternsee zu überqueren ist. Am nächsten Morgen um 8- oder 9-Uhr stehen die neuen Guides bereit. Nach einem kurzen Briefing und der Einteilung der Reihenfolge wird geschleust. Wir treffen kaum auf entgegenkommende Schiffe, Kioske und Restaurants entlang der Route sind schon geschlossen, sogar die Diesel-Tankstellen waren nur noch selten in Betrieb. Nur in den grösseren Ortschaften an der Strecke gab es noch Einkaufsmöglichkeiten.

Wir fuhren durch wenig besiedelte, schöne Landstriche. Die permanente Aufmerksamkeit und Konzentration, in Bereitschaft rasch reagieren zu können, ist sehr anstrengend. Dazu kommt die Konzentration bei Arbeit mit den Festmacherleinen und körperliche Anstrengung beim Aufschleusen gegen das sturzbachartig einströmende Wasser in den Schleusen.

Wir nutzen die Gelegenheit, freie Tage dazwischen zu schalten, können so ausspannen, einkaufen, Wäsche waschen und wieder einmal zu Fuss durch einen der kleinen Orte zu spazieren und ein Nachtessen im Hamnkrogen zu geniessen.

Was ist unser Gewinn? Wir hatten viel zu leisten, wurden jedoch durch einzigartige Landschaften von wilder Schönheit und waghalsigen Bauwerken entschädigt. In Anerkennung der Leistung vieler Menschen, die in langen Jahren bei Kälte und Hitze für diese Bauwerke, wohl lange im hüfttiefen Wasser der Seen geschuftet haben, ist dies ein kleiner Aufwand. Der Rückweg rund Schweden wäre mit 425sm (rund 790km) bei oft schwierigen Wetterbedingungen bei wesentlich längerer Distanz, mühsamer gewesen und hätte mehr Zeit gebraucht.

Regionsmsm2KmSchleusen
Mem-Motala49.849.892.237
  3.1  
  11.9  
  14.6  
  11.4  
  6.9  
  1.9  
Vätternsee17.5   
Karlsborg-Sjötörp35.3 65.421
  4.0  
  12.3  
  8.6  
  5.1  
  5.3  
Mem-Sjötörp102.6 190.058
Vänernsee64.0 118.5 
Trollhätte-Kanal43.0 79.66
Mem-Göteborg209.6 388.264
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Corinne Senn

Wow! Gratuliere euch zu soviel Mut und Abenteuerlust!